GEOGRAPHIE NACH TERRA MADRE

Der Appell von Franco Farinelli, Virginie Raisson und Paul Collier bei der Eröffnungskonferenz von Terra Madre.

Terra Madre Salone del Gusto 2020 hat offiziell begonnen! Die 13. Ausgabe der wichtigsten internationalen Veranstaltung rund um gute, saubere und faire Lebensmittel wird sechs Monate lang in einem innovativen Format digitale Events und , wo möglich, Live-Veranstaltungen präsentieren.

Diese Ausgabe unterscheidet sich von allen bisherigen Slow Food-Veranstaltungen. Sie ist einzigartig in ihrer Form und ihren ehrgeizigen Zielen: Sie soll Hilfsmittel bieten, um das aktuelle Zeitgeschehen auf der Welt zu analysieren, und konkrete Lösungsansätze für die großen Probleme aufzeigen, die uns alle bewegen.

 

Geographie als Schlüssel, um die Welt zu verstehen

Neue Geographien und Zukunftsmöglichkeiten – so lautet der Titel der Eröffnungskonferenz. Aber warum sollte eine Veranstaltung, bei der es normalerweise um Landwirtschaft, nachhaltigen Landbau und gerechtere Modelle für Entwicklung und Ernährungskultur geht, Geographie als Ausgangspunkt wählen?

Um es mit den Worten von Davide Papotti, Professor für Geographie an der Universität Parma zu sagen: „Wir müssen unsere Perspektive auf die Welt ändern, um unser Verhalten im Rahmen der bisherigen Entwicklungsmodelle zu ändern.“

Anders ausgedrückt: Der Wandel, für den Slow Food seit über 30 Jahren kämpft, kann nur verwirklicht werden, wenn wir unsere Sichtweise auf die Probleme, die uns und unseren Planeten betreffen, radikal ändern.

„Wir müssen eine neue Geographie entwerfen“, erklärt Papotti. Terra Madre hat zu diesem Zweck versucht, das herkömmliche geopolitische Weltmodell, das aus Grenzen und staatlichen Institutionen besteht, beiseite zu lassen, um die Erde als ein Miteinander verschiedener miteinander verbundener Ökosysteme zu betrachten: Berg- und Küstengebiete, Flachebenen und Städte. Sie alle sind Umgebungen, die ähnliche Merkmale aufweisen und die unabhängig von ihrem Kontinent oder ihrem Staat oft unter den gleichen Problemen leiden. Sie können daher gemeinsam an der Entwicklung von Lösungen arbeiten.

Entscheidend dabei ist es, nicht nur unsere eigene Situation vor Augen zu haben. Jeden Tag sind wir mit Phänomenen konfrontiert, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, die aber die gleichen Ursachen haben. Der immer schneller fortschreitende Verlust der biologischen Vielfalt, die Zunahme der sozialen Ungleichheit auf der Welt, die Verletzung der Menschenrechte, das Dauerproblem des Hungers und die Umweltkrise, die andere Problematiken im Zusammenhang mit Gesundheit, Migration und Wirtschaft noch verstärkt.

Gemeinschaftsgefühl als Lösung

Noch ein weiterer Aspekt muss berücksichtigt werden, wie Virginie Raisson – auf Geopolitik spezialisierte Analystin internationaler Beziehungen, Direktorin des französischen Forschungszentrums Lépac und Autorin des Werks Atlas des futurs du monde

veranschaulicht: „Die großen Bedrohungen wie die globale Erwärmung, die Energiekrise, die Pandemie, der Verlust der biologischen Vielfalt, die Finanz- und Wirtschaftskrise, die Wirtschaftskriminalität: keine davon macht vor Ländergrenzen halt. Deshalb ist es wichtig, Wege zu finden, um über die Welt als Ganzes nachzudenken und die Beziehungen zwischen diesen Phänomenen aufzuzeigen.”

Die Versuchung, die Welt in statische Abschnitte zu unterteilen, „den Globus zu zerschneiden, ihn als eine Reihe von Karten zu betrachten“, so Franco Farinelli, Professor für Geographie in Genf, Los Angeles, Berkeley und an der Sorbonne von Paris, „sowie die fortschreitende Entmaterialisierung der Welt dürfen trotz unseres zunehmend digitalen Zeitalters nicht die Oberhand gewinnen. Unsere Erde ist eine Kugel, also müssen wir sie auch als solche betrachten, als eine einzige Kugel.“

Es ist eine nie dagewesene Herausforderung und wir haben keine Zeit zu verlieren: Während für Farinelli ein „neuer Humanismus“ vonnöten ist, müssen wir laut Paul Collier, Direktor des International Growth Centre, „die Idee von Zusammenarbeit, im Sinne einer „kollektiven Intelligenz“ wiederfinden, die in den letzten 40 Jahren des frenetischen Kapitalismus, der den Fortschritt behindert hat, verloren gegangen ist.“

Foto: Elena Mozhvilo / Unsplash

  • Did you learn something new from this page?
  • yesno