Die EU nach der Sommerpause: Schlüsseldaten und Szenarien

Seit den Europawahlen im Mai sind schon einige Monate ins Land gezogen; und doch ist der Weg bis zur Bildung einer neuen Führungsriege der EU-Institutionen noch lange nicht abgeschlossen. Im September, wenn die frisch gewählten Parlamentarier und die kürzlich ernannte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Brüssel zurückkehren, steht ihnen die gewaltige Aufgabe bevor, die neue Kommission zu bilden und zu bestätigen. In der Zwischenzeit wird der neue Parlamentsausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI) die Zukunft der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 festlegen.

Foto von Markus Spiske auf Unsplash

Neue und altbekannte Gesichter in der Kommission

Mitte September wird die neue Kommissionspräsidentin eine Liste von 28 (oder 27 wenn Großbritannien derweil die EU verlässt) potentiellen neuen EU-Kommissaren vorlegen.  Die Mitgliedsstaaten haben Vorschläge für ihre Kandidaten und Ressorts ausgearbeitet, die für die nächsten fünf Jahre Verantwortung in der Kommission übernehmen sollen. Vor der Übernahme des Amtes müssen die Kandidaten ein strenges Auswahlverfahren im Parlament bestehen.

Für diverse Schlüsselpositionen, die für die Landwirtschafts- und Lebensmittelpolitik eine grundlegende Rolle spielen, sind schon einige Namen im Gespräch. Medien aus Brüssel lassen verlauten, dass die aktuelle Kommissarin für  Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Mariya Gabriel aus Bulgarien (der EPP zugehörig), wahrscheinlich neue EU-Kommissarin für  Landwirtschaft und  ländliche Entwicklung wird. Der Ire Philip Hogan (EPP), der diese Position aktuell bekleidet, könnte das Handelsressort übernehmen, das im Zuge des Brexit besonders bedeutungsvoll wird.

Bisher steht noch nicht fest, wer die Ressorts des Litauers Vytenis Andriukaitis (S&D), verantwortlich für Gesundheit und  Lebensmittelsicherheit,  sowie der Maltesers Karmenu Vela (S&D) übernehmen wird, verantwortlich für das Ressort Umwelt.

Obwohl die Länderregierungen normalerweise ihre Kandidaten für ein bestimmtes Kommissionsressort vorschlagen, haben die Grünen die ziemlich beispiellose Forderung gestellt, im Gegenzug für ihre Unterstützung der Kandidatur von der Leyens mindestens  4 EU-Kommissare zu stellen. Es bleibt abzuwarten, wie viele Positionen die Grünen letztlich erhalten; bisher musste sich die Fraktion trotz ihrer guten Ergebnisse bei den Europawahlen im Rennen um die Spitzenpositionen der EU ohne nennenswerte Positionen zufriedengeben. Da kein EU-Land eine Regierung unter Leitung der Grünen hat, könnte es für sie schwierig werden, in der neuen EU-Kommission vier Ressorts durchzusetzen.

Parlament entscheidet die Zukunft der GAP

Im Herbst stehen auch dem neuen Parlament große Herausforderungen bevor. Die umstrittene GAP-Reform kommt wieder auf den Tisch, wenn der AGRI-Ausschuss entscheiden muss, wie es damit weitergeht.

Kurz vor den Europawahlen hatte der letzte AGRI-Ausschuss gegen einen Großteil der Änderungsvorschläge des vorherigen parlamentarischen Umweltausschusses (ENVI) gestimmt. Diese Änderungen beinhalteten Vorschläge  wie eine Aufstockung der Mittel für ökologischen Landbau sowie Kürzungen für Massentierhaltungsbetriebe.

Der neue AGRI-Ausschuss hat jetzt mehrere Optionen: Er kann die aktuelle GAP-Reform auf Ausschussebene unterstützen, um das Thema zur abschließenden Abstimmung im Parlament zu stellen; oder er kann verlangen, dass die gesamte Akte von der Kommission nochmals geprüft wird. Es ist jedoch schwer vorstellbar, dass die Parlamentarier diesen drastischen Schritt tun, da das Parlament unter Druck steht, die GAP-Reform abzuschließen und in die letzte Verhandlungsphase zu bringen.

Im Juli forderte Slow Food Europa zusammen mit anderen Organisationen der Zivilgesellschaft den AGRI-Ausschuss in einem offenen Brief auf,  auf eine umweltfreundliche und faire GAP-Reform hinzuarbeiten und betonte, dass die derzeitigen Änderungsvorschläge „absolut unzureichend seien, um das Ausmaß der ökologischen und sozialen Herausforderungen“ in Europas Landwirtschaftssektor zu bewältigen.

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